Adivasi-Koordination

Solidarität mit
Indiens
Ureinwohnern

Reetha, Adivasi-Frau (18) aus Gellur, Distrikt Bijapur, Bundesland Chhattisgarh. In Haft unter dem drakonischen UAPA-Gesetz seit dem 5. Juni 2024: Sind wir nicht Menschen? Gelten die Menschenrechte nicht auch für uns?

Ich bin Karam Bhudri, aber alle nennen mich Reetha. Ich bin eine Adivasi und 18 Jahre alt. Ich komme aus Gellur, einem kleinen Dorf im Kistaram Block des Bijapur Distrikts in Chhattisgarh. Telugu ist nicht meine Sprache; meine Muttersprache ist Gondi. Ich bin derzeit im Chanchalguda-Gefängnis in Hyderabad untergebracht. Hier im Gefängnis lerne ich mit Hilfe von Rajitha und Kamala Telugu.

 

Die Kommunikation im Gefängnis ist ein ständiger Kampf. Wenn ich nur Koya spreche (eng verwandt mit Gondi), versteht mich niemand. Wenn ich also versuche, mit jemandem zu sprechen, bemühe ich mich zunächst, mich in gebrochenem Telugu zu verständigen, das ich bisher gelernt habe. Wenn ich an einen Punkt komme, an dem ich mich nicht mehr ausdrücken kann, wechsle ich zu Koya und verlasse mich auf Mitgefangene, die beide Sprachen verstehen, um mir zu helfen.

 

Im Moment unterstützen mich Rajitha und Kamala, indem sie übersetzen, was ich sagen möchte. Aber ich arbeite hart daran, Telugu zu lernen, denn sie könnten jederzeit entlassen oder in ein anderes Gefängnis in Chhattisgarh verlegt werden. Wenn das passiert und jemand anderes aus Chhattisgarh hierher gebracht wird, sollte ich in der Lage sein, auch dieser Person zu helfen. Unser Anwalt hat mir klar gesagt, dass er nicht sagen kann, wann ich entlassen werde. Deshalb ist es für mich notwendig geworden, Telugu zu lernen. Es ist nicht nur ein Mittel zur Kommunikation, sondern für jede Adivasi-Frau aus Bastar ein Teil des Überlebens und des Durchhaltens an diesem Ort.

 

Keine Aussicht auf vorzeitige Entlassung

Am 5. Juni 2024 holte mich die Polizei gewaltsam aus meinem Haus. Die Polizei von Venkatapuram hielt mich zehn Tage lang illegal in Gewahrsam. Später protokollierten sie die Festnahme offiziell und stellten mich vor das Gericht von Hanamkonda, das mich zunächst in das Gefängnis von Khammam überstellte. Ich wurde wegen des Vorwurfs festgenommen, Maoistin zu sein. Nachdem die Nationale Ermittlungsbehörde (NIA) den Fall übernommen hatte, wurde ich im April dieses Jahres in das Chanchalguda-Gefängnis in Hyderabad verlegt. Bislang wurden fünf Verfahren gegen mich eingeleitet, darunter ein Verfahren der NIA.

 

Eines Tages im Gefängnis wurde mir mitgeteilt, dass ich zusammen mit Rajitha und Kamala ein Mulaqaat – ein Besuchertreffen – haben würde. Die Vorstellung, dass jemand mich besuchen wollte, erfüllte mich mit Überraschung und einem Anflug von Glück. Wir eilten zum Mulaqaat-Raum. Dort stand ein Mann in einem weißen Hemd und einer schwarzen Hose. Ich hatte keine Ahnung, wer er war oder was ich sagen sollte. Rajitha und Kamala erklärten mir, dass er unser Anwalt sei, und ermutigten mich, ihm Fragen zu stellen, wenn ich welche hätte.

 

Ich nahm meinen Mut zusammen und fragte ihn: „Wann werde ich freigelassen?“

Er antwortete sanft, aber bestimmt: „Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wann Sie freikommen werden, aber ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Ihre Freilassung zu erreichen.“

 

In diesem Moment wurde mir klar, dass es keine einfache oder sofortige Antwort auf meine Frage geben würde, wann ich in die Außenwelt zurückkehren könnte. Rajitha und Kamala sagten mir: „Niemand sonst wird uns holen kommen. Wenn du das Bedürfnis hast, etwas zu sagen, dann sag es ihm.“

 

Im Laufe des Gesprächs fragte ich: „Auf meinem Ausweis steht eine Nummer, genau wie auf den Ausweisen aller anderen. Aber darunter steht auf jedem Ausweis der Name der Polizeistation, die die Person festgenommen hat. Warum ist auf meinem Ausweis keine Polizeistation angegeben?“

Er nahm den Ausweis, sah ihn sich an und antwortete: „Dies ist kein normaler Fall, der bei einer Polizeistation aktenkundig gemacht wurde. Es ist ein Fall der NIA, ein Fall der ‚Modi-Polizei‘.“

 

Da begann ich, die Schwere der Lage zu begreifen. Ich erfuhr, dass ich unter dem UAPA [Unlawful Activities (Prevention) Act], dem Gesetz zur Verhinderung illegaler Aktivitäten, angeklagt worden war, einem der drakonischsten und unmenschlichsten Gesetze Indiens. Meine Mitgefangenen sprechen oft mit gedämpften Stimmen darüber, wie furchterregend und gnadenlos dieses Gesetz ist. Sie sagen, dass es fast unmöglich ist, auf Kaution freizukommen.

 

Nach unserer Verhaftung wurden ich, Dasru Kudam, Urra Sodi, Bhima Madkam und andere fast zehn Tage lang illegal in Haft gehalten. Selbst nach der gerichtlichen Anhörung , erhielten wir keine Unterlagen zu unserem Fall. Während dieser Tage in Polizeigewahrsam lebten wir in ständiger Angst und wurden von der Möglichkeit verfolgt, dass wir getötet werden könnten. Jetzt sind wir alle in derselben Rechtssache genannt, NIA Special Case 1 von 2025. Der Prozess soll vor dem NIA-Gericht in Nampally in Hyderabad stattfinden.

 

Derzeit bin ich im Frauengefängnis von Chanchalguda untergebracht. Meine Familie konnte mich einmal während einer Gerichtsverhandlung kurz sehen, aber seitdem hat mich niemand mehr im Gefängnis besuchen können.

 

Das Leid der Gefangenen

Hier im Gefängnis habe ich eine Freundin namens Moti. Ihr ursprünglicher Name ist Sodi Kosi. Sie ist 20 Jahre alt, zwei Jahre älter als ich, und wie ich ist sie in unserem Fall angeklagt. Moti hat genauso wie ich Probleme mit Telugu. Außerdem leidet sie unter heftigen Geschwüren im Mund und kann manchmal überhaupt nichts essen. Etwa einen Monat bevor ich hierher gebracht wurde, wurde sie zur Behandlung vom Khammam-Gefängnis nach Hyderabad verlegt und ins Osmania-Krankenhaus gebracht. Obwohl sie einige Anzeichen einer Besserung zeigt, ist ihr Gesundheitszustand insgesamt weiterhin fragil.

 

Seit ihrer Verhaftung hat sie ihre Familie nur einmal gesehen, als sie noch im Khammam-Gefängnis war. Hier in Chanchalguda hat sie noch niemand besucht, und wie es aussieht, gibt es wenig Hoffnung, dass dies jemals der Fall sein wird.

 

Viele Frauen hier ertragen ihr Leid schweigend. Sie sprechen selten über ihre Probleme, vielleicht wegen gesundheitlicher Komplikationen oder der repressiven Regeln innerhalb dieses Gefängnisses. Diese Qualen, die sich verschlechternde Gesundheit und die strengen Vorschriften belasten uns mehr als selbst die Folter, die wir in Polizeigewahrsam erlitten haben. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie ihre Schmerzen vor mir verbergen, aus Angst, ich könnte ängstlich werden oder in Tränen ausbrechen. Sie sprechen warmherzig und mit Kraft zu mir, aber ich durchschaue ihr tapferes Lächeln. Ihre Fröhlichkeit wirkt wie eine Show, vielleicht um Moti und mich vor tieferer Verzweiflung zu schützen. Sie sind alle wie wir, sie leiden im Gefängnis unter dem UAPA.

 

Ganga Bhavani ist 67 Jahre alt. Jeder Schritt ist eine Qual – ihre Knie schmerzen unaufhörlich, und das Gehen ist zu einem täglichen Kampf geworden. Gottu Bujji, deren richtiger Name Kamala ist, leidet unter Migräne, Geschwüren und anhaltenden Schulterschmerzen. Die Ärzte haben ihr gesagt, dass sich Zysten in ihrer Leber gebildet haben. Vor einer richterlichen Anhörung wurde Kamala neun Tage lang illegal in Polizeigewahrsam gehalten und brutalen Folterungen ausgesetzt. Sie glaubte wirklich, dass sie das nicht überleben würde. Erst nach der richterlichen Anhörung, begann sie zu glauben, dass sie vielleicht doch überleben würde.

 

Ihre Schwester Gangi besuchte sie jeden oder jeden zweiten Monat hier in Chanchalguda. Selbst als die Polizei sie in ihrem Dorf in Chhattisgarh festnahm und bedrohte, ließ sie sich nicht beirren und besuchte Kamala weiterhin. Nun haben die Gefängnisbehörden Gangi jedoch verboten, ihre Schwester zu sehen. Sie beriefen sich dabei auf ein neues Dekret, Aktennotiz Nr. Jud-3/153/2025 vom 17.04.2025, in dem festgelegt ist, dass nur unmittelbare Familienangehörige zu Mulaqaat zugelassen sind; selbst entfernte Verwandte sind nicht mehr erlaubt. Sie sagten, dass diejenigen, die zuvor aus dem Gefängnis entlassen wurden, den derzeit inhaftierten Gefangenen nicht helfen dürfen. Angenommen, jemand wird entlassen und möchte später diejenigen treffen und Verantwortung für sie übernehmen, die noch im Gefängnis sind. In diesem Fall dürfen solche gutherzige Menschen kein Recht, Gefangene zu besuchen mehr erhalten.

 

Auch Gangi hat das Gefängnisleben in Khammam durchlebt. Sie befand sich aufgrund eines UAPA-Verfahrens vor unserer Zeit im Gefängnis von Khammam und wurde gegen Kaution freigelassen. Wenn Gangi kein Mulaqaat gewährt wird, wie soll Kamala dann Bürgschaften für ihre Kaution arrangieren? Obwohl Kamala Gangis Schwester ist, wuchs Gangi als Tochter ihrer Tante auf, und ihre Aadhaar-Karten [eine Art Personalausweis] tragen unterschiedliche Familiennamen. Unter Berufung auf diese Diskrepanz und die erwähnte Aktennotiz erklärten die Behörden Gangi für nicht berechtigt, ihre Schwester zu treffen. Wer wird nun, da diese Besuche eingestellt wurden, die Bürgschaften für Kamalas Kaution arrangieren?

 

Eine tapfere Schwester

 

Wir hörten die Nachricht, dass Karregutta und benachbarte Dörfer im Mai dieses Jahres überfallen worden waren. Fast 20.000 Soldaten sollen die Hügel von Karregutta gestürmt haben. Munition regnete vom Himmel herab und donnerte wie in einem Kriegsgebiet auf den Boden. Ich schaudere bei dem Gedanken an das Trauma, das die Menschen während dieser drei Wochen der Belagerung durchgemacht haben müssen.

 

Inmitten dieser schrecklichen Umstände zeigte die junge Frau in ihren Zwanzigern, Gangi, enormen Mut. Sie kam aus genau dieser Region, um Kamala hier im Gefängnis zu besuchen. Sie brachte ihrer Schwester Obst mit. Die Gefängnisbehörden gaben uns das Obst und sagten uns: „Kamalas Schwester ist gekommen, aber aufgrund der neuen Gefängnisregeln konnte sie sie nicht sehen.“ Sie fügten hinzu: „Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir den Besuch sicherlich erlaubt. Ihr Anwalt kam, las die Aktennotiz und sagte, er würde es ihr erklären und sie zurückschicken. Der Anwalt bat uns auch, ihr mitzuteilen, dass er zurückkommen würde.“

 

Folter in Polizeigewahrsam und Untersuchungshaft

 

Rajitha, alias Madakam Kosi, 37, wurde zusammen mit einem minderjährigen Mädchen namens Dhani im September 2022 verhaftet. Dhani war zum Zeitpunkt der Verhaftung erst 16 Jahre alt. Ihr einziges „Verbrechen” bestand darin, dass sie sich zum Zeitpunkt der Verhaftung in Rajithas Begleitung befand.

 

Rajitha wurde so brutal gefoltert, dass ihr Gesicht geschwollen und mit Blutergüssen übersät war. Unter ihrer Haut war Blut geronnen. Bei der richterlichen Anhörung, waren die Verletzungen in ihrem Gesicht deutlich zu sehen. Auch dem Richter hätten diese auffälligen Spuren nicht entgehen dürfen. Dennoch geschah nichts. Sie hat ein Problem mit ihrem linken Bein und hat manchmal Schwierigkeiten beim Gehen, so dass sie schmerzhaft hinkt.

 

Auf Antrag ihrer Anwälte ordnete das Gericht medizinische Behandlung an. Sie wurde drei Mal ins NIMS-Krankenhaus gebracht. Einmal wurde sie für fünf Tage in Polizeigewahrsam nach Chhattisgarh gebracht. Dort wurden die Inhaftierten während der Verhöre erneut geschlagen und gefoltert. Ich hörte zufällig, wie Rajitha Kamala eines Nachts davon erzählte, weil sie dachten, ich wäre eingeschlafen.

 

Später fragte ich Rajitha nach dem, was ich gehört hatte. Sie bestätigte diese Folterungen. Sie erzählte mir auch von einer anderen Frau namens Ungi, die Krebs hat. Rajitha hatte sie während ihrer Polizeihaft in Chhattisgarh kennengelernt. Ungi war einst in genau diesem Gefängnis, wird aber jetzt im Zentralgefängnis von Jagdalpur festgehalten.

 

Das Leben hinter Gefängnismauern

 

Seit Inkrafttreten der Aktennotiz Nr. Jud 3/153/2025 vom 17. April 2025 haben sich die Bedingungen im Chanchalguda-Gefängnis verschlechtert. Nach den neuen Vorschriften muss der Familienname auf der Aadhaar-Karte genau mit dem des Gefangenen übereinstimmen, um diesen besuchen zu dürfen. Aber die Polizei hat meine Aadhaar-Karte beschlagnahmt. Ich kenne nicht einmal meine Aadhaar-Nummer. Wie soll meine Familie mich unter diesen Umständen besuchen?

 

Ich habe meinen Mitgefangenen gesagt, dass ich die Beamten bei ihrer morgendlichen Runde fragen würde, ob sie die Polizei, die mich verhaftet hat, bitten könnten, mir meine Aadhaar-Karte zurückzugeben. Die anderen regulären Insassinnen sagen, dass sie mich wahrscheinlich wegen meiner Naivität auslachen würden. Ist es so schwierig für mich, meine Aadhaar-Karte zurückzubekommen? Früher konnten wir zumindest Kleidung von zu Hause bekommen, aber jetzt ist sogar das schwierig geworden. Die Familien zögern zu kommen, aus Angst vor Schikanen, Verhaftungen oder Drohungen, so wie es Kamalas Schwester Gangi passiert ist.

 

Ohne angemessene medizinische Versorgung fühlt es sich an, als würden wir langsam und absichtlich zerstört. Schmerzmittel werden routinemäßig verabreicht, aber es werden keine Anstrengungen unternommen, um eine angemessene Behandlung zu gewährleisten.

 

Qualen eines minderjährigen Mädchens

 

Als ich hierher gebracht wurde, lebte ein minderjähriges Mädchen hier. Ihr Name ist Dhani. Sie wurde zusammen mit Rajitha verhaftet. Ich war 17, als ich verhaftet wurde; jetzt bin ich 18. Dhani war gerade einmal 16, als sie verhaftet wurde. Selbst heute weiß sie vielleicht noch nicht, warum sie inhaftiert wurde oder warum sie freigelassen wurde.

 

Wenn die Lagerpolizei [Polizei, die in Feldlagern in Bastar stationiert ist] in unsere Bastar-Dörfer kommt, rennen die Frauen aus Angst vor Vergewaltigungen weg und verstecken sich. Die Männer verstecken sich, um Schlägen oder Schlimmerem zu entgehen. Die Polizei plündert Häuser, zerstört, was sie kann, und wenn ihnen etwas gefällt, nehmen sie es sich einfach.

 

Ich habe einmal unseren Anwalt gefragt: „Wenn das, was in Bastar passiert, in Telangana passieren würde und wir dem Gericht davon berichten würden, würden die Richter oder Anwälte dann für Gerechtigkeit sorgen?“

Er antwortete: „Ob Gerechtigkeit geübt wird oder nicht, ist eine andere Frage. Aber ja, die Probleme würden anerkannt werden.“

Ich fragte ihn: „Wie?“

Er sagte: „Es würde als Plünderung, Mord, Vergewaltigung, Landraub und Einschüchterung bezeichnet werden.“

Ich sagte ihm: „Unsere Leute in Bastar sind jeden Tag damit konfrontiert.“

Er antwortete: „Das passiert hier in Hyderabad nicht. Selbst ein kleiner Vorfall wird hier zu einer großen Sache.“

 

Aber in Bastar sind solche Vorfälle so regelmäßig wie der Aufgang und Untergang der Sonne. Plünderungen, Morde, Vergewaltigungen, Landraub und Terror, verursacht durch Tausende von Soldaten, die in Feldlagern stationiert sind – das ist unsere tägliche Realität. Wird sich die Welt außerhalb von Bastar jemals darum kümmern? Wird sich jemand solidarisch mit uns zeigen? Wird sich jemand gegen diese Lager aussprechen?

 

Welches Verbrechen habe ich begangen? Ich weiß immer noch nicht, welches Verbrechen ich begangen habe. Aber wir haben etwas in unserem Dorf getan. Einige von uns sagten schließlich: „Es reicht. Wie lange sollen wir noch schweigen, während diese Militärlager uns weiterhin schikanieren? Lasst uns unsere Stimme erheben.“ Also haben wir in unserem Dorf Kundgebungen abgehalten. Wir haben Slogans gerufen, dass wir die Militärlager nicht wollen. Diese Proteste, die tief in den Wäldern und in unseren vernachlässigten Gebieten stattfanden, wo die Regierung nicht präsent ist, verärgerten die in den Lagern stationierten Polizeikräfte.

 

Die Organisatoren sagten uns, dass diese Lager irgendwann verschwinden würden, wenn wir unsere Stimmen laut genug erheben würden. Aber unsere Stimmen hallten nur durch den Wald. Ich weiß nicht, ob es etwas bewirkt hat. Aber wenn wir verletzt sind, schreien wir dann nicht „Amma“?  Warum ist es dann falsch, zu schreien, wenn diese Lager uns verletzen? Deshalb haben wir protestiert. Deshalb haben wir unseren Schmerz in die Wälder hinausgeschrien. Aber irgendwie hat es durch Informanten den Weg zu ihnen gefunden, und jetzt jagen sie alle, die an diesen Kundgebungen teilgenommen haben.

 

Bomben über Bastar

Die Polizei in den Lagern bombardiert jetzt unsere Bastar-Dörfer mit automatischen Granatwerfern. Zuerst dachten wir, die Bomben kämen aus der Luft, von Drohnen. Dann erklärten uns einige Leute: „Drohnen werfen keine Bomben ab. Sie beobachten nur und senden Informationen an die Lager.“ Mit diesen Informationen feuert die Polizei Granaten ab, die fünf Kilometer oder mehr weit fliegen können.

 

Von der Dämmerung bis zum Morgengrauen dauern die Bombardierungen. Alle befürchten, dass die Hütten, die von oben gut sichtbar sind, getroffen werden. Notgedrungen lassen wir die Alten und Gebrechlichen in den Hütten zurück und fliehen jede Nacht in den Wald, wo wir jedes Mal an einem anderen Ort schlafen. Am Morgen kehren wir ins Dorf zurück. Ist es ein Verbrechen, unsere Stimme gegen solche Angriffe zu erheben?

 

Unsere Verhaftungen sind das Ergebnis solcher Proteste. Die Menschen hier haben manchmal Mitleid und sagen, dass die Behörden vielleicht junge Leute wie mich ins Visier nehmen, weil sie die Erwachsenen nicht fassen konnten. Aber selbst dann, können sie das Erwachsenen antun? Sind sie nicht auch Menschen?

 

Reethas Appell

Bevor Dhani freigelassen wurde, übersetzten Rajitha und Kamala alles, was Dhani auf Koya sagte, ins Telugu oder Hindi, damit die anderen es verstehen konnten. Umgekehrt übersetzten sie alles, was die anderen auf Telugu oder Hindi sagten, zurück ins Koya, damit Dhani es verstehen konnte. Das haben mir die anderen hier erzählt. Jetzt bin auch ich gefangen zwischen einer Sprache, die ich kaum beherrsche, und dem Anwalt, der kaum etwas von Koya versteht. Letztlich bin ich auf die Übersetzung von Rajitha und Kamala angewiesen, um meine Qualen nach außen zu vermitteln.

 

Wir sind Kinder, ältere Frauen, Mütter, Schwestern – Frauen aus Dörfern tief in den Wäldern von Bastar, die ohne triftigen Grund und ohne angemessene Untersuchung aus unseren Familien gerissen und hier eingesperrt wurden, gefangen in einer scheinbar endlosen Wartezeit.

 

Wissen die Menschen draußen überhaupt, was mit uns geschieht? Wir wollen, dass jemand unsere Geschichten hört. Wir wollen, dass jemand versteht, dass auch wir Menschen sind, voller Träume, Hoffnungen und Schmerz. Bitte versuchen Sie, unser Leid zu verstehen. Sprechen Sie über die Lage der Menschen in Bastar. Erheben Sie Ihre Stimme. Fordern Sie die Regierung auf, anzuerkennen, dass auch wir Menschen sind.

 

Wenn jemand inhaftiert ist, besucht ihn seine Familie. Oder Verwandte. Oder Freunde. Oder manchmal kehrt jemand, der selbst einmal in diesem Gefängnis war und nun gegen Kaution freigelassen wurde, zurück, um denen zu helfen, die noch drinnen sind. Nun wurde jedoch ein Rundschreiben herausgegeben, das selbst das verhindert. Welches Gesetz erlaubt solche Grausamkeit? Welche Gerechtigkeit verlangt das?

 

Sie haben Aadhaar-Karten [Personalausweise] für Mulaqaat (Gefängnisbesuche) zur Pflicht gemacht. Aber in Bastar haben viele Menschen keine Aadhaar-Karten. Und selbst wenn, finden wir viele Fehler. Laut meiner Aadhaar-Karte bin ich zum Beispiel 20 Jahre alt. Aber ich bin gerade einmal 18. Und als ich verhaftet wurde, war ich noch minderjährig.

 

Die Regierung verhaftet wahllos Menschen. Haben ihre Familien denn kein Recht, sie zu besuchen, wenn sie einmal inhaftiert sind? Wie kann es gerecht sein, Menschen, deren Angehörige keine Familienpapiere haben, oder denen, deren einzige Besucher:innen Nachbar:innen, Verwandte oder Dorfbewohner:innen sind, das Besuchsrecht zu verweigern, nur weil sie nicht unter die Definition „unmittelbare Familie” fallen? Das Rundschreiben, das uns hier im Gefängnis von Hyderabad eine solche Isolation auferlegt, ist ungerecht. Werden Sie diese Regierung dazu befragen?

 

Wir verlangen nicht das Unmögliche. Wir verlangen nicht, dass Sie für unsere Freilassung kämpfen. Aber erkennen Sie zumindest an, dass die Gefangenen im Gefängnis von Hyderabad auch Menschen sind. Sie leiden genauso wie die Menschen in Bastar. Wir fordern grundlegende Rechte. Wir fordern die Möglichkeit, diejenigen zu treffen, die versuchen, uns zu helfen, darunter Verwandte, Freund:innen oder andere, die sich dafür einsetzen. Wir bitten darum, dass diejenigen, die gegen Kaution freigelassen wurden, nicht daran gehindert werden, denen zu helfen, die hinter Gittern bleiben.

 

Wir appellieren an die Zivilgesellschaft, in dieser Richtung Druck auf die Regierung auszuüben. Jede Gefangene hier lebt in der Hoffnung, dass sie eines Tages frei sein wird, nicht nur aus dem Gefängnis selbst, sondern auch von den grausamen Beschränkungen, die durch dieses Rundschreiben auferlegt werden.

 

Den Appell brachte Reetha während ihrer Vernehmung vor und wurde über Jabali, ihren Anwalt und Menschenrechtsaktivisten, an die Zivilgesellschaft weitergeleitet.

 

Aus dem Englischen übersetzt von Theodor Rathgeber

 

Quelle:

Jabali: A Young Adivasi Call from inside the Highwalls! Are we not humans? Don’t We Deserve Human Rights? Nachrichtenportal Countercurrents, 30. Juli 2025.

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